Neue Pfändungsfreigrenzen ab 1.7.2013

10. April 2013

Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums: Ab 1. Juli 2013 höhere Pfändungsfreigrenzen
für Arbeitseinkommen

Erscheinungsdatum 08.04.2013

Heute wurde die Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung im Bundesgesetzblatt
verkündet. Damit gelten ab dem 1. Juli 2013 höhere Pfändungsfreigrenzen für
Arbeitseinkommen. Erhöht werden die geschützten Beträge, die bei einer
Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte nicht gepfändet
werden dürfen.

Der Pfändungsschutz stellt sicher, dass Schuldner auch bei einer Pfändung
ihres Arbeitseinkommens ihr Existenzminimum sichern und die gesetzlichen
Unterhaltspflichten erfüllen können. Die Höhe der Pfändungsfreigrenzen für
Arbeitseinkommen wird jeweils zum 1. Juli eines jeden zweiten Jahres an die
Entwicklung des steuerlichen Freibetrags für das sächliche Existenzminimum
angepasst. Zuletzt sind die Pfändungsfreigrenzen zum 1. Juli 2011 erhöht
worden. Der steuerliche Grundfreibetrag hat sich seit dem letzten Stichtag um
1,57% erhöht. Hieraus ergibt sich eine entsprechende Erhöhung der
Pfändungsfreigrenzen.

Ab dem 1. Juli 2013 beträgt der monatlich unpfändbare Grundbetrag 1.045,04
EUR (bisher: 1.028,89 EUR). Dieser Betrag erhöht sich, wenn gesetzliche
Unterhaltspflichten zu erfüllen sind, um monatlich 393,30 EUR (bisher: 387,22
EUR) für die erste und um jeweils weitere 219,12 EUR (bisher 215,73 EUR) für
die zweite bis fünfte Person. Wenn Schuldner mehr verdienen als den so
ermittelten pfändungsfreien Betrag, verbleibt ihnen vom Mehrbetrag ebenfalls
ein bestimmter Anteil.

Wertersatz nach Widerruf beim Fernabsatz

8. November 2010
Der Bundesgerichtshof hat heute eine Entscheidung zur Wertersatzpflicht eines Verbrauchers bei Widerruf eines Fernabsatzvertrags getroffen.

Im August 2008 schlossen die Parteien per E-Mail einen Kaufvertrag über ein Wasserbett zum Preis von 1.265 €. Das Angebot des Beklagten, der die Wasserbetten über das Internet zum Verkauf anbietet, war dem Kläger per E-Mail als angehängte PDF-Datei übersandt worden. Der Text der E-Mail enthält eine Widerrufsbelehrung. Im weiteren Text der E-Mail heißt es:

“Im Hinblick auf die o. g. Widerrufsbelehrung weisen wir ergänzend darauf hin, dass durch das Befüllen der Matratze des Wasserbettes regelmäßig eine Verschlechterung eintritt, da das Bett nicht mehr als neuwertig zu veräußern ist.”

Das Wasserbett wurde gegen Barzahlung beim Käufer angeliefert. Der Käufer baute das Wasserbett auf und befüllte die Matratze mit Wasser. Anschließend übte er sein Widerrufsrecht aus. Nach Abholung des Wasserbetts forderte er den Verkäufer zur Rückzahlung des Kaufpreises auf. Der Verkäufer erstattete lediglich einen Betrag von 258 € und machte geltend, dass das Bett nicht mehr verkäuflich sei; lediglich die Heizung mit einem Wert von 258 € sei wieder verwertbar.

Das Amtsgericht hat der auf Rückzahlung des restlichen Kaufpreises von 1.007 € gerichteten Klage stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung des Verkäufers zurückgewiesen.

Die dagegen gerichtete Revision des Verkäufers hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Käufer trotz des möglicherweise eingetretenen Wertverlusts den vollen Kaufpreis zurückverlangen kann, da er die Ware nur geprüft hat.

Ein fristgerecht erklärter Widerspruch des Verbrauchers beim Fernabsatzvertrag hat zur Folge, dass die empfangenen Leistungen von den Vertragsparteien zurückzugewähren sind. Soweit der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist, muss der Schuldner statt der Rückgabe Wertersatz leisten. Dabei muss der Verbraucher nach § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB* auch Wertersatz für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Die Wertersatzpflicht besteht jedoch nach § 357 Abs. 3 Satz 2 BGB [aF*; jetzt Satz 3] dann nicht, wenn die Verschlechterung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist. Letzteres war vorliegend der Fall. Der Aufbau des Betts und die Befüllung der Matratze mit Wasser stellen lediglich eine Prüfung der Sache dar.

Der Verbraucher soll nach Art. 6 der Richtlinie 97/7/EG (Fernabsatzrichtlinie)** und der sie umsetzenden deutschen Regelung grundsätzlich Gelegenheit haben, die durch Vertragsabschluss im Fernabsatz gekaufte Ware zu prüfen und auszuprobieren, weil er die Ware vor Abschluss des Vertrags nicht sehen konnte. Dies schließt die Ingebrauchnahme ein, soweit sie zu Prüfzwecken erforderlich ist, selbst wenn sie zu einer Wertminderung der Ware führt.

*§ 357 BGB aF: Rechtsfolgen des Widerrufs und der Rückgabe

 …

(3) Der Verbraucher hat abweichend von § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Wertersatz für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung zu leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist. …

**Art. 6 der Richtlinie 97/7 (Fernabsatz-Richtlinie): Widerrufsrecht

(1) Der Verbraucher kann jeden Vertragsabschluß im Fernabsatz innerhalb einer Frist von mindestens sieben Werktagen ohne Angabe von Gründen und ohne Strafzahlung widerrufen. Die einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines Widerrufsrechts auferlegt werden können, sind die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren.

(2) Übt der Verbraucher das Recht auf Widerruf gemäß diesem Artikel aus, so hat der Lieferer die vom Verbraucher geleisteten Zahlungen kostenlos zu erstatten. Die einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines Widerrufsrechts auferlegt werden können, sind die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren. …

Urteil vom 3. November 2010 – VIII ZR 337/09

AG Berlin-Wedding – Urteil vom 9. April 2009 – 17 C 683/08

LG Berlin – Urteil vom 18. November 2009 – 50 S 56/09

Karlsruhe, den 3. November 2010

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

AGBs abmahnfähig, Vollmacht bei Abmahnung

27. Oktober 2010

 

a) Die Vorschrift des § 174 Satz 1 BGB ist auf die wettbewerbsrechtliche Ab-mahnung nicht anwendbar, wenn die Abmahnung mit einem Angebot zum Abschluss eines Unterwerfungsvertrages verbunden ist.

b) Enthält eine Werbeanzeige die Ankündigung der Vereinbarung eines Ge-währleistungsausschlusses, der mit § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht in Ein-klang steht, begründet dies die für einen Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG erforderliche Erstbegehungsgefahr für einen Verstoß nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 437, 475 Abs. 1 Satz 1 BGB.

c) Der Rechtsanwalt erhält in einem durchschnittlichen Fall für eine wettbe-werbsrechtliche Abmahnung eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG VV nicht unterhalb einer 1,3-fachen Gebühr.

BGH, Urteil vom 19. Mai 2010 - I ZR 140/08

Lastschriftwiderruf durch vorläufigen Insolvenzverwalter

23. Juli 2010

Zwei Senate des Bundesgerichtshofs, die bisher zur Insolvenzfestigkeit der Einzugsermächtigungslastschriften konträre Auffassungen besaßen, hatten nunmehr Gelegenheit, sich zu dieser für den Zahlungsverkehr wichtigen Problematik zu äußern. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, der nach dem Verteilungsplan für das Insolvenzrecht zuständig ist, hatte in der Vergangenheit dem vorläufigen Insolvenzverwalter eine sehr weitgehende Widerspruchsbefugnis von Lastschriften eingeräumt. Eine gegensätzliche Position vertrat der für das Bankrecht zuständige XI. Senat, der das Widerspruchsmöglichkeit nur sehr restriktiv auslegte und darüber hinaus eine Haftung des vorläufigen Insolvenzverwalters bejahte.

Nach Auskunft der Pressestelle des Bundesgerichtshofs haben sich die beiden Senate nunmehr “geeinigt”, wobei der XI. Zivilsenat nunmehr nochmals deutlich herausgestrichen hat, dass eine mittels Lastschrift getätigte Zahlung nicht durch den vorläufigen Insolvenzverwalter widerrufen werden kann, wenn es sich um eine regelmäßig wiederkehrende Zahlung handelt, nach einer angemessenen Prüffrist kein Widerspruch des Schuldners erfolgt ist und der Schuldner bereits in der Vergangenheit frühere wiederkehrende Belastungen (konkludent) genehmigt hatte. Diese nunmehr von dem Senat entwickelten Grundsätze muss das Berufungsgericht auf den zur Entscheidung anstehenden Sachverhalt anwenden. Zwar ergibt sich aus der Entscheidung des IX. Zivilsenats diese Rechtsauffassung nicht mit der erforderlichen Klarheit, weil der IX. Zivilsenat sich mit einer Spezialthematik des Verbraucherinsolvenzverfahrens zu befassen hatte, aus der Mitteilung des Bundesgerichtshofs kann jedoch gefolgt werden, dass auch der pro Insolvenzverwalter entscheidende Senat die vom XI. Senat aufgestellten Grundsätze mitträgt.

 

Es bietet sich daher an in den Fällen, in denen ein vorläufiger Insolvenzverwalter in der Vergangenheit wiederkehrende Lastschriften, wie z.B. Miet- und Leasingzahlungen, trotz Ablauf einer angemessenen Prüffrist durch den Schuldner widerrufen hat, diese aufzugreifen und die Insolvenzverwalter in Anspruch zu nehmen. Klarstellend sei darauf hingewiesen, dass dies nur für solche Fälle gilt, in denen regelmäßig wiederkehrende Zahlungen nachträglich vom vorläufigen Insolvenzverwalter widerrufen wurden.

 

 

Widerrufsbelehrung 2010

10. Juni 2010

 

Ab 11.06.2010 (nicht früher) finden neue Informationspflichten im In­ter­ne­than­del Anwendung. Beigefügt übersenden wir Ihnen ein Mus­ter für die neue Widerrufsbelehrung, die ab 11.06.2010 zur An­wen­dung kommt. Wichtig ist nach der neuen Gesetzeslage darüber hi­naus, dass dem Verbraucher der Widerrufsbelehrung un­ver­züg­lich - also ohne schuldhaftes Zögern - nach Vertragsschluss in Text­form zugeht, beispielsweise in Form einer Email. Der Un­ter­neh­mer muss die erste ihm zumutbare Möglichkeit ergreifen, dem Ver­brau­cher die Widerrufsbelehrung in Textform mitzuteilen. Un­ver­züg­lich­keit ist in der Regel dann nicht mehr gegeben, wenn der Un­ter­neh­mer die Widerrufsbelehrung nicht spätestens am Tag nach dem Vertragsabschluss auf den Weg bringt. Erfolgt die Mitteilung in Text­form nicht unverzüglich, führt dies dazu, dass keinerlei Frist in Gang gesetzt wird.

 

Festzuhalten ist, dass die neue gesetzliche Widerrufsbelehrung nicht mit der Rechtsprechung des EuGH in Einklang steht. An­de­rer­seits ist darauf zu verweisen, dass die neue gesetzliche Regelung den Schutz des deutschen Gesetzgebers genießt, wo­nach die gesetzlich vorgeschlagene Widerrufsbelehrung gültig ist. Wir haben des­halb die nachstehende Musterwiderrufsbelehrung für Warenlieferungen aus der deutschen ge­setz­li­chen Regelung übernommen.

 

 

 

„Widerrufsrecht

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) oder - wenn Ihnen die Sache vor Fristablauf überlassen wird - durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform, jedoch nicht vor Eingang der Ware beim Empfänger (bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor Eingang der ersten Teillieferung) und auch nicht vor Erfüllung unserer Informationspflichten gemäß Artikel 246 § 2 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und 2 EGBGB sowie unserer Pflichten gemäß § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Artikel 246 § 3 EGBGB. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache. Der Widerruf ist zu richten an:

[Einsetzen: Namen/Firma und ladungsfähige Anschrift des Widerrufsadressaten. (Zusätzlich können angegeben werden Telefaxnummer, E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung an den Unternehmer erhält, auch eine Internet-Adresse,keine Telefonnummer!.)]

Widerrufsfolgen

Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z. B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. Bei der Überlassung von Sachen gilt dies nicht, wenn die Verschlechterung der Sache ausschließlich auf deren Prüfung - wie sie Ihnen etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen ist. Im Übrigen können Sie die Pflicht zum Wertersatz für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung vermeiden, indem Sie die Sache nicht wie Ihr Eigentum in Gebrauch nehmen und alles unterlassen, was deren Wert beeinträchtigt. Paketversandfähige Sachen sind auf unsere Gefahr zurückzusenden. Sie haben die Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht haben. Anderenfalls ist die Rücksendung für Sie kostenfrei. Nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen innerhalb von 30 Tagen erfüllt werden. Die Frist beginnt für Sie mit der Absendung Ihrer Widerrufserklärung oder der Sache, für uns mit deren Empfang.

Ende der Widerrufsbelehrung“

Preisangaben in Preissuchmaschinen

17. März 2010

 

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein Händler, der für sein Angebot über eine Preissuchmaschine wirbt, wegen Irreführung in Anspruch genommen werden kann, wenn eine von ihm vorgenommene Preiserhöhung verspätet in der Preissuchmaschine angezeigt wird.

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Handels mit Haushaltselektronik. Der Beklagte bot am 10. August 2006 eine Espressomaschine der Marke Saeco über die Preissuchmaschine idealo.de an. Versandhändler übermitteln dem Betreiber dieser Suchmaschine die Daten der von ihnen angebotenen Produkte einschließlich der Preise. Die Suchmaschine ordnet diese Angaben in Preisranglisten ein. Die Preisgünstigkeit der Angebote bestimmt die Reihenfolge, in der die Anbieter in den Ranglisten genannt werden. Der Beklagte stand mit dem von ihm geforderten Preis von 550 € unter 45 Angeboten an erster Stelle, und zwar auch noch um 20 Uhr, obwohl er den Preis für die Espressomaschine drei Stunden zuvor auf 587 € heraufgesetzt hatte. Der Beklagte hatte idealo.de die Preisänderung zwar in dem Moment mitgeteilt, in dem er selbst den Preis auf seiner Internetseite heraufgesetzt hat. Derartige Änderungen werden dort aber nicht sofort, sondern erst zeitlich verzögert angezeigt.

Die Klägerin sieht in der unrichtigen Preisangabe eine irreführende Werbung des Beklagten. Sie hat ihn deshalb auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunft in Anspruch genommen. Das Landgericht Berlin hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Kammergericht den Beklagten antragsgemäß verurteilt.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen. Der durchschnittlich informierte Nutzer eines Preisvergleichsportals verbindet mit den ihm dort präsentierten Informationsangeboten regelmäßig die Erwartung einer höchstmöglichen Aktualität. Zwar sind Verbraucher heute mit den Besonderheiten des Internets und damit auch mit dessen technischen Grenzen weitgehend vertraut. Sie gehen aber davon aus, dass die in einer Preissuchmaschine angebotenen Waren zu dem dort angegebenen Preis erworben werden können, und rechnen nicht damit, dass die dort angegebenen Preise aufgrund von Preiserhöhungen, die in der Suchmaschine noch nicht berücksichtigt sind, bereits überholt sind. Die Irreführung der Verbraucher wird auch durch den Hinweis “Alle Angaben ohne Gewähr!” in der Fußzeile der Preisvergleichsliste nicht verhindert. Durch einen Klick auf diesen Hinweis öffnet sich ein Fenster mit einem weiteren Text, aus dem sich ergibt, dass “eine Aktualisierung in Echtzeit … aus technischen Gründen nicht möglich [ist], so dass es im Einzelfall insbesondere hinsichtlich der Verfügbarkeit bzw. der Lieferzeit von Produkten zu Abweichungen kommen kann”.

Der Bundesgerichtshof hat auch die Relevanz der Irreführung bejaht. Es stellt einen besonderen Vorteil im Wettbewerb dar, wenn ein Anbieter mit seinem Angebot in der Rangliste einer bekannten Preissuchmaschine an erster Stelle steht. Den Händlern ist es – so der BGH – zuzumuten, die Preise für Produkte, für die sie in einer Preissuchmaschine werben, erst dann umzustellen, wenn die Änderung in der Suchmaschine angezeigt wird.

Urteil vom 11. März 2010 - I ZR 123/08

Landgericht Berlin - Urteil vom16. Februar 2007 - 96 O 145/06

Kammergericht -Urteil vom 24. Juni 2008 - 5 U 50/07

Karlsruhe, den 12. März 2010

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Kündigungsfristen und Gleichbehandlung EUGH 19.1.2010

20. Januar 2010

Wieder einmal hat der Europäische Gerichtshof durch eine Entscheidung in das deutsche Arbeitsrecht eingegriffen, da dieses mit dem Gemeinschaftsrecht nicht in Einklang steht.

Nachdem das Gericht im abgelaufenen Jahr eine grundlegende Entscheidung zum Verfall nicht genommenen Urlaubs verkündet hatte, hatte der Europäische Gerichtshof nunmehr nach Vorlage durch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf Gelegenheit, sich zu den deutschen Kündigungsfristen zu äußern. Die Regelung des § 622 Abs. 2 BGB, wonach Beschäftigungszeiten des Mitarbeiters vor Vollendung des 25. Lebensjahres bei der Berechnung der Kündigungsfrist nicht zu berücksichtigen sind, verstößt nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs gegen das Gemeinschaftsrecht. In der Ungleichbehandlung der Kündigungsfristen sieht das Gericht eine Diskriminierung junger Mitarbeiter gegenüber anderen, älteren Arbeitnehmergruppen.

Die vorzitierte Norm ist von den deutschen Gerichten auch in einem Rechtsstreit zwischen privaten Unternehmen nicht anzuwenden, so ausdrücklich der EUGH.

Die nunmehr vorliegende Entscheidung ist nicht nur von Arbeitgebern und Gerichten zu berücksichtigen, sondern auch von den Tarifvertragsparteien.

 

EuGH 19.01.2010, C 555/07

 

Neues Erb- und Pflichteilsrecht

6. Januar 2010

Ab dem 1. Januar 2010 gilt ein neues Erbrecht. Der Deutsche Bundestag hat die Reform im Juli 2009 mit den Stimmen aller Fraktionen mit Ausnahme der Linken verabschiedet. Das Erbrecht besteht in seiner heutigen Struktur seit über 100 Jahren. Die Neuregelung reagiert auf geänderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen und Wertvorstellungen. Modernisiert wird vor allem das Pflichtteilsrecht, also die gesetzliche Mindestbeteiligung naher Angehöriger am Erbe.

Die wichtigsten Punkte der Reform:

1. Modernisierung der Pflichtteilsentziehungsgründe
Das Pflichtteilsrecht lässt Abkömmlinge oder Eltern sowie Ehegatten und Lebenspartner auch dann am Nachlass teilhaben, wenn sie der Erblasser durch Testament oder Erbvertrag von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen hat. Der Pflichtteil ist Ausdruck der Familiensolidarität. Er besteht in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils; seine Höhe bleibt durch die Neuerungen unverändert.

Ein wesentliches Anliegen der Reform ist die Stärkung der Testierfreiheit des Erblassers, also seines Rechts, durch Verfügung von Todes wegen über seinen Nachlass zu bestimmen. Dementsprechend wurden die Gründe überarbeitet, die den Erblasser berechtigen, den Pflichtteil zu entziehen:

  • Die Entziehungsgründe werden vereinheitlicht, indem sie für Abkömmlinge, Eltern und Ehegatten oder Lebenspartner gleichermaßen Anwendung finden. Bislang galten hier für unterschiedliche Personengruppen verschiedene Regelungen.
  • Darüber hinaus werden zukünftig alle Personen geschützt, die dem Erblasser ähnlich wie ein Ehegatte, Lebenspartner oder Kind nahe stehen, z. B. Stief- und Pflegekinder. Eine Pflichtteilsentziehung ist auch dann möglich, wenn der Pflichtteilsberechtigte diesen Personen nach dem Leben trachtet oder ihnen gegenüber sonst eine schwere Straftat begeht.

    Beispiel:
    Wird der langjährige Lebensgefährte der Erblasserin durch ihren Sohn getötet oder die Tochter des Erblassers durch seinen Sohn körperlich schwer misshandelt, rechtfertigt dies künftig eine Entziehung des Pflichtteils.
  • Der Entziehungsgrund des “ehrlosen und unsittlichen Lebenswandels” entfällt. Zum einen galt er bisher nur für Abkömmlinge, nicht aber für die Entziehung des Pflichtteils von Eltern und Ehegatten. Zum anderen hat er sich als zu unbestimmt erwiesen. Stattdessen berechtigt zukünftig eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung zur Entziehung des Pflichtteils, wenn es deshalb dem Erblasser unzumutbar ist, dem Verurteilten seinen Pflichtteil zu belassen. Gleiches gilt bei Straftaten, die im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen wurden.

2. Maßvolle Erweiterung der Stundungsgründe
Besteht das Vermögen des Erblassers im Wesentlichen aus einem Eigenheim oder einem Unternehmen, das für die Familie die Lebensgrundlage bietet, mussten die Erben diese Vermögenswerte bislang oft nach dem Tod des Erblassers verkaufen, um den Pflichtteil auszahlen zu können. Hilfe bietet hier eine Stundungsregelung, die bisher jedoch eng ausgestaltet war und nur den pflichtteilsberechtigten Erben (insbesondere Abkömmlingen und Ehegatten) offenstand. Mit der Reform wird die Stundung unter erleichterten Voraussetzungen und für jeden Erben möglich. Bei der Entscheidung über die Stundung sind aber auch künftig die Interessen des Pflichtteilsberechtigten angemessen zu berücksichtigen.

Beispiel: In Zukunft kann auch der Neffe, der sich sein Leben lang im Unternehmen engagiert und dieses dann geerbt hat , eine Stundung gegenüber den testamentarisch ausreichend versorgten, pflichtteilsberechtigten Kindern geltend machen, sofern die Erfüllung des Pflichtteils eine “unbillige Härte” darstellen würde. Damit wird der Zerschlagung von Vermögenswerten zulasten der Erben entgegengewirkt.

3. Gleitende Ausschlussfrist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch
Macht der Erblasser vor seinem Tod anderen Geschenke, kann dies zu Ansprüchen auf Ergänzung des Pflichtteils gegen den Erben oder den Beschenkten führen. Durch diesen Anspruch wird der Pflichtteilsberechtigte so gestellt, als ob die Schenkung nicht erfolgt und damit das Vermögen des Erblassers durch die Schenkung nicht verringert worden wäre. Bislang wurde Schenkungen innerhalb von zehn Jahren vor dem Erbfall in voller Höhe berücksichtigt. Waren hingegen seit einer Schenkung bereits 10 Jahre verstrichen, blieb die Schenkung vollständig unberücksichtigt. Dies galt auch dann, wenn der Erblasser nur einen Tag vor Ablauf der Frist starb.

Die Neuregelung sieht jetzt vor, dass eine Schenkung für die Berechnung des Ergänzungsanspruchs graduell immer weniger Berücksichtigung findet, je länger sie zurück liegt: Eine Schenkung im ersten Jahr vor dem Erbfall wird demnach voll in die Berechnung einbezogen, im zweiten Jahr wird sie jedoch nur noch zu 9/10, im dritten Jahr zu 8/10 und dann weiter absteigend berücksichtigt. Damit wird sowohl dem Erben als auch dem Beschenkten mehr Planungssicherheit eingeräumt.

4. Honorierung von Pflegeleistungen beim Erbausgleich
Zukünftig können Pflegeleistungen durch Abkömmlinge in Erbauseinandersetzungen in erhöhtem Umfang berücksichtigt werden. Erbrechtliche Ausgleichsansprüche gab es bisher nur für Abkömmlinge, die unter Verzicht auf eigenes berufliches Einkommen den Erblasser über längere Zeit gepflegt haben. Künftig entsteht dieser Anspruch unabhängig davon, ob für die Pflegeleistungen auf eigenes berufliches Einkommen verzichtet wurde.

Beispiel: Die verwitwete Erblasserin wird über lange Zeit von ihrer berufstätigen Tochter gepflegt. Der Sohn kümmert sich nicht um sie. Die Erblasserin stirbt, ohne ein Testament hinterlassen zu haben. Der Nachlass beträgt 100.000 Euro. Die Pflegeleistungen sind mit 20.000 Euro zu bewerten. Derzeit erben Sohn und Tochter je zur Hälfte. Künftig kann die Schwester einen Ausgleich für ihre Pflegeleistungen aus dem Nachlass verlangen. Von dem Nachlass wird zunächst der Ausgleichsbetrag abgezogen und der Rest nach der Erbquote verteilt (100.000-20.000 = 80.000). Von den 80.000 Euro erhalten beide die Hälfte, die Schwester zusätzlich den Ausgleichsbetrag von 20.000 Euro. Im Ergebnis erhält die Schwester also 60.000 Euro, der Bruder 40.000 Euro.

5. Abkürzung der Verjährung von familien- und erbrechtlichen Ansprüchen
Die Neuregelung passt die Verjährung von familien- und erbrechtlichen Ansprüchen an die Verjährungsvorschriften des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes von 2001 an. Seit der Schuldrechtsreform gilt eine Regelverjährung von drei Jahren. Dagegen unterlagen familien- und erbrechtliche Ansprüche bislang einer Sonderverjährung von 30 Jahren, von denen das Gesetz zahlreiche Ausnahmen machte. Dies führte zu Wertungswidersprüchen und bereitete der Praxis Schwierigkeiten. Die Verjährung familien- und erbrechtlicher Ansprüche wird daher der Regelverjährung von drei Jahren angepasst. Dort, wo es sinnvoll ist, gilt jedoch auch in Zukunft eine längere Frist.

Quelle: Bundesministerium der Justiz

 

Dienstwagenüberlassung und Krankheit

22. April 2009

Nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums steht einem arbeitsunfähigen Arbeitnehmern gem. § 44 Abs. 1 SGB V ein Krankengeldanspruch gegen seine Krankenkasse zu. Dieser Krankengeldanspruch errechnet sich anhand des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts. Auch Sachbezüge wie die private Nutzungsüberlassung eines Dienstfahrzeuges gehören zum laufenden Arbeitsentgelt. Erhöht aber der Sachleistungsbezug bereits die Bemessungsgrundlage für die Krankengeldberechnung, wird dem arbeitsunfähigen Arbeitnehmer die Privatnutzung bereits mit dem Krankengeldsatz von 70 % lohnersetzend gewährt. Dann aber ist kein Grund dafür ersichtlich, dem betreffenden Arbeitnehmer die Privatnutzung auch noch in Natur zu gewähren.  Vielmehr steht dem Arbeitgeber nach Ablauf der Entgeldfortzahlungsperiode ein Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeugs zu.

ArbG Stuttgart Urteil 25.2.2009 20 CA 1933/08

Quelle: http://lrbw.juris.de

 

Abfindungen aus Vergleich bei ArbeitslosengeldII

11. März 2009

 Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hat am 3. März 2009 im Verfahren B 4 AS 47/08 R entschieden, dass die in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich vereinbarte Abfindung beim Arbeitslosengeld II als Einkommen leistungsmindernd zu berücksichtigen ist.

Der Kläger übte bis Juni 2003 eine Beschäftigung aus. Seither ist er arbeitslos. Im Kündigungsschutzprozess gegen seinen früheren Arbeitgeber schloss er mit diesem vor dem Arbeitsgericht im April 2005 einen Vergleich. Darin verpflichtete sich der Arbeitgeber, ihm eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes in Höhe von 6.500 Euro zu zahlen. Auf den titulierten Abfindungsanspruch zahlte der Arbeitgeber erst im Oktober und November 2006 Beträge über 1.750 Euro und 2.000 Euro, nachdem der Kläger Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn eingeleitet hatte.

Wie das Bundessozialgericht nunmehr entschieden hat, durfte der Grundsicherungsträger die Abfindungsteilzahlungen bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II des Klägers als Einkommen bedarfsmindernd berücksichtigen. Der Gesetzgeber hat im SGB II - anders als noch bei dem bis Ende 2004 für die Arbeitslosenhilfe geltende Recht - bewusst darauf verzichtet, Abfindungszahlungen zu privilegieren und sie bei der Ermittlung des Bedarfs von der Anrechnung als Einkommen auszunehmen. Abfindungszahlungen fallen auch nicht unter die im SGB II berücksichtigungsfrei gestellten “zweckbestimmten Leistungen”. Der 4. Senat des Bundessozialgerichts versteht darunter Bestimmungen über den gesetzlichen oder privatrechtlichen Verwendungszweck. An einem solchen besonderen Verwendungszweck fehlt es bei Abfindungen. Der Arbeitgeber zahlt die Abfindung, weil der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz verloren hat und sich der Arbeitgeber zur Abfindungszahlung verpflichtet hat. Dem Arbeitgeber ist es aber gleichgültig, wie der Empfänger die Zahlung verwendet.

 Quelle Pressemitteilung Bundessozialgericht 3.3.2009